Am 9. Juni stimmen wir über vier Vorlagen ab. Es handelt sich um drei Volksinitiativen und ein Gesetzesreferendum. Im Folgenden begründe ich, warum ich einer Vorlage zustimme oder sie ablehne.
Nein zur Prämien-Entlastungs-Initiative
Um was geht es?
Die Initiative fordert, dass die Versicherten höchstens 10 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für die Prämien aufwenden müssen. Bund und Kantone sollen die Prämienverbilligung erhöhen, wobei der Bund mindestens zwei Drittel der Verbilligung übernehmen soll. Das würde Mehrkosten von mehreren Milliarden Franken pro Jahr verursachen. (Quelle: Abstimmungsbüchlein)
Warum Nein stimmen?
Diese Initiative löst kein einziges Problem im Gesundheitswesen. Sie führt einzig zu mehr Umverteilung. Die Initiative trifft einmal mehr den Mittelstand am härtesten. Einerseits erhält er keine Prämienverbilligung, andererseits muss er die Mehrausgaben voraussichtlich über höhere Steuern finanzieren. Mit dem vorliegenden indirekten Gegenvorschlag werden die Kantone verpflichtet, CHF 360 Mio. mehr für die Prämienverbilligung zu bezahlen. Mit dem indirekten Gegenvorschlag wird den Einkommensschwächsten in der Bevölkerung ausreichend geholfen.
Nein zur Kostenbremse-Initiative
Um was geht es?
Die Initiative will eine Kostenbremse einführen. Künftig sollen die Lohnentwicklung und das Wirtschaftswachstum vorgeben, wie stark die Kosten der obligatorischen Krankenversicherung maximal steigen dürfen. Der Bund muss zusammen mit den Kantonen, den Krankenversicherern und den Leistungserbringern Massnahmen ergreifen, damit das Kostenwachstum im zulässigen Rahmen bleibt. (Quelle: Abstimmungsbüchlein)
Warum Nein stimmen?
Es ist richtig und wichtig, dass versucht wird, den Kostenanstieg im Gesundheitswesen zu bremsen. Die Initiative geht aber nicht die eigentlichen Probleme im Gesundheitswesen an, wie zum Beispiel den fehlenden Wettbewerb oder die Vielzahl von Fehlanreizen, sondern definiert lediglich wie stark die Kosten im Verhältnis zur Lohnentwicklung und zum Wirtschaftswachstum steigen dürfen. Die Kosten im Gesundheitswesen sind weder vom Wirtschaftswachstum noch von der Lohnentwicklung abhängig. Entscheidende Aspekte für die Kosten im Gesundheitswesen, wie zum Beispiel der demografische Wandel, werden nicht berücksichtigt. Bei dieser Initiative besteht die Gefahr, dass bei zu stark steigenden Gesundheitskosten die Leistungen gekürzt werden müssen. Diesen Qualitätsverlust wollen wir nicht.
Nein zur Volksinitiative «Für Freiheit und körperliche Unversehrtheit»
Um was geht es?
Die Initiative fordert, dass für Eingriffe in die körperliche oder geistige Unversehrtheit die Zustimmung der betroffenen Person vorliegen muss. Gemäss Initiative darf zudem eine Person, die die Zustimmung verweigert, weder bestraft noch benachteiligt werden. (Quelle: Abstimmungsbüchlein)
Warum Nein stimmen?
Die Initiative ist einerseits völlig überflüssig. Gemäss Art. 10 Abs. 2 BV ist das Grundrecht auf körperliche und geistige Unversehrtheit bereits heute ausreichend gewährleistet. Andererseits ist die Initiative sehr extrem. Mit der gewählten Formulierung der Initiative wäre eine Einschränkung dieses Grundrechts nicht mehr möglich. Staatliches Handeln würde in vielen Bereichen, zum Beispiel bei polizeilichen Zwangsmassnahmen, massiv erschwert werden. Je nach Situation ist es aber notwendig, dass ein Grundrecht durch ein Gesetz eingeschränkt werden kann, sofern einerseits ein öffentliches Interesse besteht oder der Schutz von Grundrechten Dritter dies rechtfertigt und andererseits die Einschränkung verhältnismässig ist (Art. 36 BV). Die Corona-Pandemie hat uns gelehrt, dass die individuellen Grundrechte nicht grenzenlos sind. Zum Wohle der Gesellschaft war es richtig, Massnahmen zu ergreifen, welche die Grundrechte des Einzelnen einschränken, um die Pandemie bekämpfen zu können. Diese Initiative würde dies in Zukunft erheblich erschweren.
Ja zum Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien.
Um was geht es?
Die Vorlage schafft die Grundlagen, damit in der Schweiz rasch mehr Strom aus erneuerbaren Energiequellen wie Wasser, Sonne, Wind oder Biomasse produziert werden kann. So soll die Unabhängigkeit unserer Stromversorgung gestärkt werden. Zudem wird die Wasserkraftreserve obligatorisch, mit dem Ziel, das Risiko von Engpässen zu vermindern. Die Vorlage umfasst Förderinstrumente sowie neue Regelungen für Produktion, Transport, Speicherung und Verbrauch von Strom. Der Ausbau der Produktion von Solarstrom soll vor allem auf Gebäuden erfolgen. In geeigneten Gebieten gibt es für diejenigen Windkraft- und grossen Solarenergieanlagen, die für die Stromversorgung im Winter besonders wichtig sind, erleichterte Planungsbedingungen. Auch 16 im Gesetz genannte Wasserkraftwerke erhalten erleichterte Planungsbedingungen. Diese erhöhen die Aussichten, dass ein Projekt auch bei allfälligen Beschwerden realisiert werden kann. Abstimmungen über neue Energieprojekte bleiben weiterhin möglich. (Quelle: Abstimmungsbüchlein)
Warum Ja stimmen?
Der Strombedarf wird in den kommenden Jahren weiter steigen. Zum Beispiel durch die Zunahme von Elektrofahrzeugen und Wärmepumpen. Gleichzeitig sinkt die Stromproduktion durch die Stilllegung der Kernkraftwerke. Wenn wir nicht völlig vom Ausland abhängig sein wollen, müssen wir in den nächsten Jahren unsere Stromproduktionskapazitäten in der Schweiz erhöhen. Diese Vorlage ist ein Schritt in die richtige Richtung. Einerseits werden bestehende und bewährte Instrumente zur Förderung der erneuerbaren Energien, wie zum Beispiel die finanzielle Förderung von Solaranlagen auf Dächern und an Fassaden, weitergeführt. Zum anderen werden die Planungsbedingungen für Wind- und Solaranlagen von nationalem Interesse erleichtert. Dies ermöglicht einen möglichst raschen Ausbau der Kapazitäten.
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