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AutorenbildClemens Pühringer

BVG-Reform: Ein Schritt in die richtige Richtung

Am 22. September stimmen wir neben der Biodiversitätsinitiative auch über Reform der beruflichen Vorsorge ab. Die berufliche Vorsorge hat ein strukturelles Problem und muss dringend reformiert werden. Diese Reform ist zwar kein grosser Wurf, aber ein Schritt in die richtige Richtung und deshalb zur Annahme empfohlen. Im Folgenden gehe ich auf die wichtigsten Elemente dieser Reform ein.

Senkung des Umwandlungssatzes

Eine der grössten Herausforderungen für die finanzielle Stabilität unserer Altersvorsorge ist die steigende Lebenserwartung. Gemäss bfs ist die Lebenserwartung allein in den letzten 20 Jahren bei den Männern von 77.8 auf 81.6 Jahre und bei den Frauen von 83.1 auf 85.4 Jahre gestiegen. Dies hat zur Folge, dass die Renten immer länger ausbezahlt werden müssen. Da die berufliche Vorsorge nach dem Kapitaldeckungsverfahren finanziert wird, muss das angesparte Kapital für einen längeren Zeitraum ausreichen. Zurzeit gilt ein Umwandlungssatz von 6.8%. Dies bedeutet, dass bei der Pensionierung jährlich 6.8% des zum Zeitpunkt der Pensionierung angesparten Kapitals ausbezahlt werden. Bei diesem Umwandlungssatz wäre das Kapital theoretisch nach 14.7 Jahren aufgebraucht. Die Lebenserwartung im Alter von 65 Jahren beträgt aber für Männer 19.8 und für Frauen 22.5 Jahre. Der Umwandlungssatz ist heute viel zu hoch. Dies führt zu einer systemwidrigen Umverteilung unter den Versicherten. Eine Senkung ist unumgänglich. Mit dieser Reform wird der Umwandlungssatz moderat von 6.8% auf 6% gesenkt.


Ich hätte mir gewünscht, dass der Umwandlungssatz auf ein realistisches Niveau gesenkt worden wäre. Bei einer Lebenserwartung im Alter von 65 Jahren von 19.8 bzw. 22.5 Jahren müsste ein realistischer Umwandlungssatz bei rund 5% liegen.


Es ist klar, dass die Senkung des Umwandlungssatzes zu einer tieferen Rente führen würde. Ziel der Reform ist es aber, das Rentenniveau zu halten. Deshalb werden Massnahmen ergriffen, damit mehr Kapital angespart werden kann.

Senkung des Koordinationsabzuges: Verbesserung für Teilzeitangestellte

In der beruflichen Vorsorge ist nur der koordinierte Lohn versichert. Dieser ergibt sich aus dem Bruttolohn abzüglich des Koordinationsabzuges von derzeit CHF 25‘725 (7/8 einer maximalen AHV-Jahresrente). Neu soll der Koordinationsabzug 80% des Bruttolohnes betragen. Dies führt zu einem höheren koordinierten Lohn und grundsätzlich zu höheren Sparbeiträgen. Von dieser Neuerung würden vor allem Teilzeitarbeitende profitieren. Dazu ein Beispiel: Eine 26-jährige Person arbeitet 60% bei einem Jahreslohn von CHF 48‘000. Nach heutiger Regelung beträgt der koordinierte Lohn CHF 22‘275 und die Sparbeiträge für Arbeitnehmer und Arbeitgeber zusammen CHF 1‘559.25 pro Jahr (Beitragssatz 7%). Nach der neuen Regelung beträgt der koordinierte Lohn CHF 38‘400 und die Sparbeitrage erhöhen sich auf CHF 3‘456 pro Jahr für Arbeitnehmer und Arbeitgeber zusammen (neuer Beitragssatz 9%). Dies ist eine deutliche Verbesserung für Teilzeitbeschäftigte und Personen mit tiefen Einkommen.


Ich hätte mir aber gewünscht, dass der Koordinationsabzug ganz gestrichen würde und die Eintrittsschwelle deutlicher gesenkt worden wäre. Dies würde insbesondere Personen mit mehreren Anstellungen deutlich besser stellen und die Notwendigkeit von Ergänzungsleistungen im Alter reduzieren.

Vereinfachung der Beitragssätze

Eine weitere Massnahme zur Erhaltung der Rentenhöhe ist die Anpassung und Vereinfachung der Beitragssätze. Es gibt nur noch zwei Beitragssätze. 9% für die 25- bis 44-Jährigen und 14% für die 45-Jährigen und Älteren. Die Anpassung führt einerseits dazu, dass die Sparbeiträge der Jüngeren deutlich höher ausfallen als bei der bisherigen Regelung. Andererseits führt der tiefere Beitragssatz bei den über 55-Jährigen zu tieferen Sparbeiträgen, die auch durch den höheren koordinierten Lohn nicht kompensiert werden können. Deshalb sind Ausgleichsmassnahmen für die älteren Erwerbstätigen notwendig (siehe letzter Abschnitt). Dennoch hat der tiefere Beitragssatz für ältere Arbeitnehmende einen positiven Effekt. Ältere Arbeitnehmende, die eine Stelle suchen, sind für einen Arbeitgeber nicht mehr ganz so teuer, was ihre Arbeitsmarktchancen erhöht.


Auch hier hätte ich mir mehr erhofft. Zum Beispiel hätte man mit den Sparbeiträgen schon mit 20 Jahren beginnen können. Fünf zusätzliche Beitragsjahre hätten einen signifikanten Einfluss auf die Rentenhöhe gehabt. Oder man hätte zum Beispiel die Beitragssätze für die gesamte Beitragszeit vereinheitlichen können. Dies hätte einerseits den Vorteil gehabt, dass bereits in jüngeren Jahren ein grösseres Kapital angespart werden könnte, welches zum Beispiel für den Kauf einer Eigentumswohnung verwendet werden könnte. Andererseits hätten Beitragslücken, die durch den Verlust des Arbeitsplatzes im höheren Erwerbsalter entstehen, einen deutlich geringeren Einfluss auf die Rentenhöhe bei der Pensionierung.

Ausgleichsmassnahmen

Es liegt auf der Hand, dass die Senkung des Umwandlungssatz und die Senkung des Beitragssatzes für Personen, die nur noch wenige Jahre bis zur Pensionierung haben, zu einer tieferen Rente führen und deshalb Ausgleichsmassnahmen notwendig sind. Für eine Übergangsgeneration von 15 Jahrgängen wird ein gestaffelter lebenslanger Rentenzuschlag gewährt. Dieser wird solidarisch finanziert.


Grundsätzlich finde ich es störend, wenn in der zweiten Säule ein System der Umverteilung eingeführt wird. Dies ist einfach systemfremd. Die Ausgleichsmassnahmen sind aber zum einen für den Erhalt der Rentenhöhe unabdingbar und zum anderen zeitlich befristet.

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